CRX Markets machte bis Juli 2020 schon so viel Geschäft wie im gesamten Jahr 2019. Dank des Marktplatz für Rechnungen kommen Lieferanten schneller an ihr Geld. Für sein weiteres Wachstum sucht das Fintech jetzt selbst einen Investor.
Dieser Artikel von Hano Mußler ist erschienen in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, am 25. August 2020.
Der Handelskrieg zwischen den Vereinigten Staaten und China tobt schon länger, durch die Corona-Pandemie kamen erst Grenzschließungen und jetzt eine drohende Insolvenzwelle hinzu: Fast jedes Unternehmen muss in diesen Zeiten seine Lieferketten neu sortieren, das heißt: Lieferanten auf nachhaltige Produkte prüfen, womöglich instabile Zulieferer austauschen, auch wegen des Brexits, wie gerade der Einkaufschef des Körber-Konzerns im Gespräch mit der F.A.Z. berichtet hat. Von diesem Risikomanagement entlang der Lieferkette können auch Zwischenfinanzierer profitieren, denn nichts benötigen Lieferanten gerade oft dringlicher als schnelles Geld.
Als Verbindungsstück zwischen Lieferanten, Warenabnehmern und Zwischenfinanzierern bieten sich digitale Plattformen wie CRX Markets in München an. Der CRX-Vorstandsvorsitzende Frank Lutz beobachtet: „Die Abteilung Einkauf und die Abteilung Finanzen sind in vielen Unternehmen sehr eng zusammengerückt. Früher sagten die Einkäufer gern: Lass meinen Lieferanten in Ruhe. Heute sind sie froh, wenn die Finanzabteilung Ideen hat, wie Lieferketten stabil gehalten und Lieferanten Liquidität besorgt werden kann.“
Einen Weg zu schneller Liquidität für Zulieferer bietet CRX Markets. Sobald sie ihre Waren geliefert haben, können Zulieferer die vom Abnehmer hochgeladene Rechnung auf diesem digitalen Marktplatz zur Finanzierung freigeben. Finanzierer, darunter Banken, Fonds, Private-Equity-Investoren und Family Offices, bieten dafür in einer kurzen Auktion. Anstatt auf die Zahlung des belieferten Unternehmens warten zu müssen, erhält der Zulieferer sein Geld schnell vom in der Auktion siegreichen Zwischenfinanzierer, der sich in der Regel mit seinem Bieterpreis weniger an der Bonität des Zulieferers, sondern an der des Abnehmers orientiert. Denn vom Abnehmer erhält der Zwischenfinanzierer zu einem festgelegten Zeitpunkt („Zahlungsziel“) später die Rechnung bezahlt.
520 zuliefernde Unternehmen sind inzwischen auf dem CRX-Marktplatz aktiv, zum Jahresende 2019 waren es erst 270, erzählt der Vorstandsvorsitzende Lutz im Gespräch mit der F.A.Z. Das 2012 gegründete Fintech, zu dem Lutz nach Stationen als Finanzvorstand bei den Dax-Unternehmen Covestro und MAN vor zweieinhalb Jahren stieß, verdient sein Geld, indem es eine Marge auf das Finanzierungsvolumen erhebt. 2019 wurden auf dem Marktplatz Lieferantenrechnungen im Volumen von insgesamt 2,6 Milliarden Euro finanziert. „Ende Juli 2020 liegen wir nun 85 Prozent über Juli 2019 und haben jetzt schon mehr finanziert als im gesamten Jahr 2019“, sagt Lutz. Die Gewinnschwelle soll CRX Markets spätestens 2022 überwinden – abhängig von den sich bietenden Wachstumschancen, die zwischenzeitlich Investitionen verlangen. So sei zum Beispiel in der Planung, Zulieferern die Möglichkeit zu eröffnen, schon Rechnungen hochzuladen, bevor sie überhaupt die Lieferung geleistet haben.
Im Verdrängungswettbewerb der Plattformen positioniert sich CRX Markets als unabhängiger Marktplatz – im Gegensatz zu Konkurrent Traxpay, an dem sich gerade die Deutsche Bank als Eigentümer mit einem Minderheitsanteil beteiligt hat. „Wir sehen uns als Börse, die alle Marktteilnehmer gleich behandelt. Das wäre schwierig mit einem Finanzierungspartner im Aktionariat“, sagt Lutz. Tatsächlich sei die Deutsche Bank eines der ganz wenigen Kreditinstitute, die sich als Zwischenfinanzierer auf CRX nicht engagieren, die Spanne reiche dort von deutschen Banken wie Commerzbank, DZ Bank, Helaba und LBBW über französische und italienische Banken bis zu asiatischen.
Gegründet wurde CRX von Moritz von der Linden und Carlo Kölzer, nachdem genau diese beiden zuvor schon die Devisenhandelsplattform 360T gegründet hatten – eines der erfolgreichsten deutschen Fintechs, das inzwischen der Deutschen Börse gehört. Vor etwas mehr als einem Jahr sammelte CRX Markets 6 Millionen Euro Eigenkapital ein – von Freunden und Familienangehörigen, wie es so schön heißt. Auch die 60 Mitarbeiter besitzen Aktien, doch dieses Finanzierungsmodell könnte bald an Grenzen stoßen. Innerhalb der nächsten zwölf Monate steht wieder eine Finanzierungsrunde an, dann geht es wohl um das Doppelte bis Dreifache als zuletzt, also um Eigenkapital zwischen 12 und 18 Millionen Euro. „Ob wir eine solche Summe von Friends & Family erhalten, wird spannend. Womöglich schlägt bei dieser Größenordnung die Stunde eines neuen Investors. Ob Beteiligungsgesellschaft oder Wagniskapitalfonds – wir sind offen“, sagt Lutz. Nur eine Bank oder ein anderer auf der Plattform als Zwischenfinanzierer Engagierter soll eben nicht gleichzeitig auch CRX-Eigentümer sein.
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